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„Kein Ort für Konsens“ – Interview in der Dezemberausgabe der Dresdner

06.09.2016

 

Ein Gespräch mit dem freien Kunstraum C. Rockefeller Center:

Von allen jungen Offspace-Kunsträumen in Dresden ist das C. Rockefeller Center wohl jener, der am schwer­sten zu finden ist. Unscheinbar auf der Rudolf-Leon­hard-Straße gegenüber dem AZ Conni e.V.gelegen, muss man sich zunächst durch ein kleines Labyrinth aus Toren und einem Wohnhaus fitzen, um zum Kunst­jungbrunnen zu gelangen. Ein wenig schleierhaft und undurchsichtig soll die Arbeit der acht Mitglieder hier bleiben, ganz so, wie es bei der echten Rockefellerfami­lie auch zu erwarten gewesen wäre. Wie wichtig unter anderem Widerspruch für die Macher im Kunstraum ist, verriet der Mitarbeiter Andreas Ullrich DRESDNER-Auto­rin Sandra Erber.

Mit den vergangenen Ausstellungen zum »Suizidpark« und zu Wladimir Putin habt ihr den Finger in die Wunde aktueller politischer Inhalte gelegt. Bieten Offspaces wie eurer dafür eher Potenzlal als etablierte Kunsträume?
Man kann nicht sagen, dass Museen und Galerien, die kommerziell arbeiten, keine prekären politischen Ereignisse aufgreifen würden. Im Gegenteil, in letzter Zeit ist es ja auch hip, Werke von chinesischen Dissidenten auszustellen, die sich aber mittlerweile auch im Giorgio Armani Flagstore in Paris finden. Beim Suizidpark war die Idee, eine Art Institut für Selbststerben zu entwerfen und einen Architektur­entwurf für ein Funktionsgebäude vorzustellen, von dem behauptet wurde, es solle im Hechtpark in der Dresdner Neustadt realisiert werden. Diese Art der künstlerischen Fiktion hat dann durchaus für Irritatio­nen gesorgt. Wir sind da als Offspace in unserer The­menwahl natürlich freier, aber auch verpflichtet, bestimmte sonst wenig besprochene Umstände anzugehen. Ich wundere mich schon, dass in Dresden kaum gegenwärtige Themen aufden Tisch kommen. Bei der Putin-Ausstellung gab es ein Mahnmal in Form einer orthodoxen Kirche, in die die Namen der in den letzten Jahren ermordeten, politisch tätigen Journalis­ten eingraviert waren. Das Ganze war vom Bildhauer Wouter Mijland als Widmung zu Putins 60. Geburtstag gedacht. Da Wladimir Putin ja auch 2009 in der Sem­peroper den Sächsischen Dankesorden erhalten hat, bekommt das natürlich einen lokalen Bezug. So eine ironische Überhöhung könnte sicher auch in einer städtischen Institution wie dem Kunsthaus stattfinden und bekäme dadurch eine besondere Würze. Oft entschei­det man sich aber, möglicherweise aus Sicherheits­gründen, für »historische« oder »abstrakte« moderne Positionen bzw. die Ausstellung von Werken über zu­ rückliegende Konflikte aus den 1960er bis 1990er Jah­ren.

Ihr seid elf Mitglieder, die gemeinsam das Aus­stellungskonzept bestimmen. Wie geht ihr da vor?
Wir versuchen bei den konkreten Ausstellungen und bei der Zusammenarbeit mit den Künstlern so wenig wie möglich demokratisch zu entscheiden und keine Konsensabstimmungen anzustreben. Das ist meistens der Tod für die Kunst, weil diese nicht demokratisch, sondern entschieden subjektiv funktioniert. Interessant wird es für mich zum Beispiel, wenn ich etwas entweder richtig Gutes oder richtig Schlechtes entdecke. Die Aus­stellungen selbst betreut jeweils immer eine Person von uns. So kommt man nicht gemeinsam in die Verle­ genheit sich fragen zu müssen: »sind jetzt alle damit einverstanden?«

In den vergangenen Jahren haben sich einige Offspaces hier aufgetan, welche Rolle spielen die deiner Meinung nach in der hiesigen Kunstland­schaft?
Diese Räume werden fast ausschließlich von Kunststudenten betrieben. Das ist also kein Publikumswille, sondern der Wille der Macher. Von außen könnte man jetzt natürlich sagen, dass da Strukturen gewach­sen und vorhanden sind. Aus Machersicht würde ich eher sagen, dass es aus Notwehr entsteht, weil es hier in der Richtung nichts gibt. Würden wir unser Projekt von irgendeiner Art von Publikumserfolg oder äußerer Wertschätzung abhängig machen, wäre eine Depres­sion sicher vorprogrammiert.

Ist das ein Mentalitätsproblem für dich?
Nein, das ist einfach so. Wenn man sich einmal Beschreibungen und Berichte aus den zurückliegenden Jahrzehnten durchliest, die die sächsische Kulturlandschaft zum In­halt haben, wird klar, dass die experimentelleren Pro­jekte fast immer in Leipzig erprobt wurden und das Ge­diegene und Konservative in Dresden beheimatet war. Wir müssen uns oft nach Leipzig, Berlin oder ins Aus­land begeben, um einen entsprechenden »input« und echte Auseinandersetzungenzu finden, da ist Dresden einfach nicht der beste Ort.

Ist es dann auch dementsprechend schwierig, hier Förderungen zu bekommen?
Prinzipiell organi­sieren wir uns hier selbst, freuen uns aber natürlich, wenn wir auch von außen gefördert werden. Ich muss sagen, dass ich in Bezug auf die Förderung konkreter künstlerischer Projekte von der Stadt durchaus über­rascht wurde, da einige unserer Vorhaben nur durch deren Unterstützung ermöglicht wurden,wir aber alles andere als Lobbyarbeit betrieben haben. Es gibt hier eine wirklich nachhaltige Kulturförderung für die freien Räume, die nicht von bestehenden Netzwerken und Amigo-Verhältnissen abhängig zu sein scheint, das ist wirklich eine Besonderheit. Wir haben hier die Erfah­rung gemacht, dass auch bei schwierigen Projekten und gesellschaftlichem Gegenwind, wie bei unserer Su­izidparkausstellung, zu der wohl einige böse Briefe beim Kulturamt eingegangen sind, die künstlerische Auseinandersetzung im Vordergrund steht. Normaler­weise knicken Ämter als politisch legitimierte Instituti­onen da ein, weil sie an einem »common sense« interes­siert sind. Für die Kunst wäre eine solche Haltung natürlich alles andere als förderlich, da dort aus dem Widerspruch und der Diskussion überhaupt erst derAntrieb für die nächste Entwicklung entsteht.

Danke für das Gespräch!

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